Zusammenfassung der Masterarbeit | Master Kunstgeschichte | Universität zu Köln
Eine materialästhetische Analyse der nordrheinwestfälischen Architektur der Zwischenkriegsjahre
In der turbulenten Zeit der Zwischenkriegsjahre spiegeln sich die politischen Bewegungen und gesellschaftlichen Reformen kreativ in der Architektur wider. So sind in Nordrhein-Westfalen bemerkenswerte Bauten mit dem signifikanten Baustoff des Mauerziegels entstanden.
Im Gegensatz zu anderen Baustoffen wie Putz bietet das Mauerwerk in jeglicher Hinsicht Vielfältigkeit. Ob Textur, Farbe, Verband oder Anordnung: das Zusammenspiel der Mauerziegel ist an jeder Gebäudefassade einzigartig. Die individuelle Ausführung von Ziegelfassaden ist Ausdruck der Schaffenszeit. Somit wird der Mauerziegel zum Objekt der Kultur – ist also weit mehr als nur another brick in the wall.
Insbesondere Ziegel, deren Textur stark von den übrigen Mauerziegeln einer Fassade abweichen, können durch die entstehenden Kontraste Einfluss auf die Wirkung des Ziegelmauerwerks nehmen. Hierin setzen sich Gebäude der Zwischenkriegsjahre von Bauwerken früheren Baujahrs ab. Gebäude vor 1914 wurden mit gleichmäßig gefärbten und formatierten Ziegeln gemauert, wodurch eine einheitliche Textur entsteht. An Fassaden nach 1918 hingegen treten unregelmäßig vorkommende, andersartige Mauerziegel auf.
Diese zeichnen sich äußerlich durch eine gerußte bis schwarze Farbe sowie hervortretende Brandblasen und Wölbungen aus. Zustande kommt eine derartige Textur durch zu langes und heißes brennen, wodurch beim Verhärten diese Wölbungen bestehen bleiben. Ein „normaler“ Ziegel wird im gerade geschmolzenen Zustand und deshalb mit glatter Textur fest.
Die verbrannten, als „Fehlbrandziegel“ definierten Mauerziegel scheinen willkürlich und vereinzelt platziert. Jedoch gibt es über Definition und Herstellung hinaus keine Erläuterungen zu deren Verwendung und Bedeutung. Allenfalls werden andersartige Ziegel als stilistisches Merkmal erwähnt, ohne dass weiter auf die Bedeutung der materialspezifischen Unterschiede eingegangen wird.
Herausstechend ist dabei, dass in der bisherigen Fachliteratur eine entweder rein theoretische oder rein praktische Herangehensweise umgesetzt wurde. Es wird also nicht vom Bauwerk ausgegangen, sondern von der bisher entstandenen theoretisch erarbeiteten Literatur. So bleibt die vorhandene Substanz vernachlässigt. Deshalb hat sich die Arbeit diese Brücke zur Aufgabe gemacht. Diese Arbeit rückt daher die Fehlbrandziegel in den Fokus und untersucht die Auswirkung ihrer tatsächlichen Verwendung mit der Fragestellung:
Inwiefern haben Fehlbrandziegel eine materialästhetische Bedeutung in der Textur von Ziegelmauerwerk der nordrhein-westfälischen Architektur der Zwischenkriegsjahre?
Dazu wurden sieben Gebäude von vier verschiedenen Bautypen in drei Städten in Nordrhein-Westfalen ausgewählt. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Vielzahl zutreffender Fassaden, darunter die meisten in Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln. Die Bauwerke wurden von verschiedenen Architekten entworfen und repräsentieren einen Querschnitt von Fassadengestaltung der Zwischenkriegsjahre. Für die Erfassung und Analyse der ausgewählten Gebäude wurde eine eigene methodische Herangehensweise entwickelt, die vom Objekt, also der Architektur, ausgeht.
Hierzu wurde die visuelle Analyse vor Ort in einem Katalog dokumentiert. Der Katalog umfasst zu jedem Gebäude eine tabellarische Übersicht, eine fotografische Erfassung und eine schematische Grafik. In der Tabelle sind neben Hintergrundinformationen zum Bauwerk technische Merkmale, beispielsweise vom Mauerwerk festgehalten. Die fotografische Erfassung beinhaltet eine Frontalansicht der Fassade. Um die realen Beobachtungen zu visualisieren, wurden anschließend die Fotografien in einem zweiten Schritt digital analysiert, indem die verschiedenen Texturen durch einen definierten Farbcode markiert wurden. Durch den Code werden beispielsweise verbrannte oder teil-verbrannte Mauerziegel vom normalen Brand des Mauerwerks differenziert. Die resultierende schematische Grafik veranschaulicht das Muster der eingesetzten (teil-)verbrannten Ziegel.
Durch die Verknüpfung von methodischer Untersuchung und Literaturrecherche wurden erste Anhaltspunkte der materialästhetischen Bedeutung von Fehlbrandziegeln für die Textur von Ziegelmauerwerk gewonnen. So wird vor allem durch die entwickelte Methode ein Einstieg in die Untersuchung der Textur von Ziegelmauerwerken geschaffen. Beispielsweise können durch den Einsatz verschiedener Texturen die Blickführung beeinflusst und einzelne Elemente der Fassade hervorgehoben werden. Die Analyse zeigt, dass Fehlbrandziegel bewusst platziert wurden und eine Bedeutung für die einzelnen Bauwerke innehaben. Somit wurde gezeigt, dass Fehlbrandziegel keine Fehler in der Mauerfassade darstellen.
Videos: Textur von Ziegelmauerwerk, Begrüßung und Grußwort zur Verleihung des Masterpreises auf YouTube
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Vorstellung der Masterarbeit von der Preisträgerin Ariane Löckmann
Die Textur von Ziegelmauerwerk | Master Kunstgeschichte | Universität zu Köln, Präsentation ca. 20 Minuten
Die Stiftung für Kunst und Baukultur Britta und Ulrich Findeisen würdigt ihre Arbeit mit einer Auszeichnung.
Die Auszeichnung wurde übergeben von der Stiftung für Kunst und Baukultur Britta und Ulrich Findeisen und vorgeschlagen von Prof. Dr. Norbert Nußbaum und Dr.-Ing. Daniel Buggert, Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln. Die Verleihung des MASTERPREIS Architektur erfolgte Ende Dezember 2020 in digitaler Form.